Ein Wein wie aus einer anderen Zeit – und doch auf faszinierende Weise im Hier und Jetzt verankert. Mit dem 1896er bringt Carl Loewen Jahr für Jahr einen Riesling in die Flasche, der Tradition nicht nur respektiert, sondern lebt. Die Reben wurden tatsächlich 1896 gepflanzt, wurzelecht und in Einzelstockerziehung. Der Wein stammt aus demselben Weinberg wie das GG aus dem Maximin Herrenberg, allerdings aus den untersten Parzellen mit den ältesten Stöcken.

Doch nicht nur die Herkunft macht diesen Wein besonders – es ist vor allem die Art, wie er entsteht. Die Trauben werden per Hand in sogenannten Hottes gelesen und direkt auf dem Anhänger mit den Füßen eingestampft – eine alte Technik, die die Mazeration sofort einleitet und die volle Aromatik der Trauben extrahiert. Gekeltert wird in einer historischen Korbkelter – mit Muskelkraft, in einem einzigen, langen Pressvorgang über Nacht.

Der Most kommt ungeschönt und ohne Sedimentation direkt ins älteste Holzfass des Weinguts aus dem Jahr 1960. Dort vergärt er spontan und verbleibt bis zum nächsten Sommer auf der Vollhefe. Schwefel wird erst sehr spät gesetzt. All das ergibt einen Wein, der durch und durch puristisch ist – strukturiert, tiefgründig, mit feinen Phenoliknoten und kühler, kräuteriger Würze.

Im Glas zeigt sich der 2024er mit feiner, zurückhaltender Aromatik: grüne Mandarine, Orangenabrieb, leicht ätherische Kräuternoten, ein Hauch von grünem Pfeffer. Der Jahrgang bringt hohe Extrakte und hohe Säuren, aber durch die reifen pH-Werte ist alles in perfekter Balance. Die Textur ist seidig, der Gaumen schlank und vibrierend. Im Finale eine zarte Bitternote – der berühmte „Bitterstoff-Turbo“, der den Speichelfluss anregt und Lust auf den nächsten Schluck macht.

Ein fordernder, aber nie sperriger Wein. Wer sich auf die Stilistik einlässt, wird mit Tiefe, Spannung und einem seltenen Maß an Authentizität belohnt. Keine Standard-Mosel, sondern ein Stück lebendige Weinbaugeschichte – handgemacht, eigenständig, beeindruckend. Eine Flasche, die still begeistert und lange nachhallt.